Erklärung unseres Gedenken an Berkin Elvan zu seinem 6. Todestag

Die Bebauungspläne des Gezi-Parks in Istanbul lösten 2013 eine gewaltige Protestwelle aus, welche sich quer durch alle Gesellschaftsschichten der Türkei zog. Hunderttausende junge Menschen besetzen damals den Taksim Platz. Die anfangs friedlichen Demonstrationen zerschlug der Staat mit brutaler Gewalt. Tausende wurden hierbei verletzt, acht Menschen starben.

Einer von ihnen war der damals 15-Jährige Berkin Elvan. Der Jugendliche lebte in dem istanbuler Stadtteil Oykmedani, ein Stadtteil der für eine Geschichte langjähriger revolutionärer Kämpfe bekannt ist. Am Tag seines Unglücks, dem 16 Juni 2013 befand sich Berkin während der Proteste im Gezi-Park. Dabei traf ihn eine, von türkischen Aufstandsbekämpfungseinheiten abgefeuerte, Tränengasgranate am Hinterkopf. Er wurde ins Krankenhaus eingeliefert wo er sieben Monate lang im Koma lag. Sein Zustand verschlechterte sich zunehmend, gegen Ende hin wog er nur noch 16kg. Am 11. März 2014 starb Berkin Elvan.

Nach seinem Tod gingen in der ganzen Türkei bis zu 2 Millionen Menschen auf die Straße, um gegen die ausufernde Polizeigewalt und die autoritäre Niederschlagung jeglicher Proteste zu demonstrieren. Zwei Menschen starben wiederum bei diesen Protesten.

Sechs Jahre nach seinem Tod hat sich in der Türkei nichts zum Besseren verändert. An der Spitze dieses Staates steht ein Diktator, welcher das Land mit eiserner Hand regiert. Andersdenkende und Minderheiten werden unterdrückt, Kriege geführt um die imperialistischen Wahnvorstellungen Erdogans und seiner AKP zu verwirklichen. Der Krieg gegen die kurdische Bevölkerung, der Feldzug in Syrien und die Instrumentalisierung von Millionen von Geflüchteten an der türkisch-griechischen Grenze sind nur die Jüngsten von den zahllosen Verbrechen die jener faschistische Staat begangen hat oder welche im Namen Desselben von faschistischen Paramilitärs wie den „Grauen Wölfen“ begangen wurden.

Mit dem Gedenken an Berkin Elvan möchten wir unsere kollektiven Erinnerungen wachrütteln. Wir möchten den herrschenden Verhältnissen ein Zeichen entgegen setzten, wenn auch nur ein Kleines. Wir gedenken ihm weil wir zeigen möchten, dass diese Konflikte nicht weit weg sind, nein, sie betreffen uns viel mehr als wir bereit sind es uns selbst einzugestehen. Wir möchten zeigen, dass der deutsche Staat eine Mitschuld an den Verbrechen des türkischen Faschismus trägt. Durch zahllose Waffenlieferung leistet er Beihilfe zum Mord an hunderttausenden von Menschen, durch sein Schweigen stimmt er der totalitären Politik der Erdogans zu.

Somit trägt auch der deutsche Staat eine Mitschuld an dem Tod des 15- jährigen Berkin Elvan.

Heute, am 11.03.2020 jährt sich sein Todestag nun zum sechsten Mal.

Wir haben uns daher zusammen gefunden um den Namen dieses jungen Märtyrers in die Straßen unserer Stadt zu schreiben in der Hoffnung seinem Andenken so ein wenig gerecht zu werden. Denn auch er war ein Jugendlicher, einer von uns. Wenn er auch an einem anderen Ort dieser Erde gelebt hat und gestorben ist, so wollen wir dass er in uns weiterlebt und unsere Herzen mit Wut erfüllt!

Şehîd namirin!