Abitur trotz Corona? Ohne Uns!

Abitur trotz Corona? Ohne Uns!
Wir schließen uns hiermit vielen Initiativen wie auch dem LSAberlin an, die gerade thematisieren, warum das Durchführen der Abiturprüfungen momentan nicht geht. Mit diesem Aufruf wollen wir den Druck auf den Senat erhöhen und die Berliner Schüler*innen dazu auffordern, sich zusammenzutun, kreativ zu sein und vielleicht am Ende doch noch die Prüfungen zu verhindern.
Wie?
Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Wir sehen, dass das Thema schon jetzt in der öffentlichen Debatte präsent ist. Mit Transparenten an deiner Schule, deinem Fenster oder Balkon, kannst du deiner Meinung Ausdruck verleihen. Auch kleine
Versammlungen mit Abstand, Megafonen und Transparenten auf Kreuzungen machen sich super! Verteilt Flyer, redet mit Lehrer*innen und Eltern, vernetzt euch. Denn nur zusammen haben wir eine Chance gegen das Absurde Vorgehen des Senats.
Wieso?
Das Kultusministerium, die Chefs unseres großartigen Bildungssystems, haben ihre Position und nach welchen Interessen sie handeln, mal wieder deutlich klargemacht.
Sie haben sich dafür entschieden, die Abschlussprüfungen des Abiturs in der Corona- Krise weiter durchzuführen. Diese Entscheidung weist in sich viele Widersprüche auf.
Keine neuen Widersprüche für uns: es macht noch einmal klar, dass auch im Bildungssektor Leistung und Wachstum in diesem Land in Zeiten einer Pandemie über dem Wohl der Menschen stehen.
Wie kann man Kontaktverbote und Ausgangssperren verhängen und gleichzeitig Abiturprüfungen abhalten, die eine extreme Gesundheitsgefahr für alle Beteiligten und Kontaktpersonen darstellen? Neben den gesundheitlichen Aspekten erhöht es
den Leistungs- und Erfolgsdruck, der in der Schule permanent und vor allem während der Prüfungszeiten noch einmal zugespitzter herrscht, enorm. Ihr könnt es euch vermutlich kaum vorstellen, aber auch für uns Schüler*innen ist das hier keine
normale Situation. Es ist nicht so, dass wir schulfrei oder nichts zu tun hätten: Neben den Schulaufgaben kümmern wir uns um unsere Geschwister, da unsere Eltern, ob zu Hause oder immer noch auf Arbeit, weiter arbeiten müssen. Wir erledigen Einkaufe
und Aufgaben für „Risikogruppen“, wir organisieren uns und errichten Netzwerke der Solidarität für die, die sich „social Distancing“ nicht leisten können. Beispielsweise die, die nicht zu Hause bleiben können, weil sie keines haben und Notunterkünfte
geschlossen bleiben oder überfüllt sind.
Und jetzt wo alles still steht, sollen wir trotzdem Abiturprüfungen schreiben?
Es macht auch einen erheblichen Unterschied, ob wir ein paar Wochen mehr oder weniger Unterricht zur Vorbereitung der Prüfungen in Austausch mitMitschüler*innen und mit Betreuung durch Lehrkräfte haben. So kommt es noch
stärker, als sonst auch schon auf die Bedingungen zu Hause an: Habe ich einen eigenen Laptop und eine gute Lernatmosphäre, wie ein eigenes Zimmer? Können
meine Eltern mich beim Lernen unterstützen und mir Zugänge zu teuren Lernplattformen kaufen oder muss ich nebenbei noch eine Vollzeitbetreuung meiner
Geschwister oder andere „Care“-Arbeit leisten um niemanden zurückzulassen?
Und was passiert eigentlich mit denjenigen unter uns, die täglich unter häuslicher Gewalt leben müssen und dieser nun gar nicht mehr entfliehen können? Denkt ihr,
die können sich entspannt alleine auf die Prüfungen vorbereiten?
Auch vorher schon war ein guter Schulabschluss von der sozialen Herkunft abhängig, doch nun spitzt sich dieser Umstand noch einmal zu.
Der Umgang der Kultusminister*innen zeigt, ihre Priorität ist nicht, wie sie sagen, allen gleiche Bildungschancen zu ermöglichen oder die Bildung an sich, sondern es geht um ein Weiterlaufen des Systems. Dabei bleiben dann in Zeiten der Krise ein
paar auf der Strecke.

In dieser Situation kann und sollte das Abitur nicht einfach durchgezogen werden.
Wir fordern:
• die Kultusminster*innen entschieden dazu auf, ihre Entscheidung
zurückzunehmen und alternative Lösungen wie einen Durchschnitt anhand der
Noten aus den letzten Semestern oder weitere Ansätze in Betracht zu ziehen.
• auch im normalen Schulalltag reale, gleiche Bildungschancen für alle.
• ein Bildungssystem, welches als Fokus das Lernen und die Bildung und nicht
den „Erfolg“ und „Leistungsgedanken“ hat.
• ein demokratisches Mitbestimmungsrecht der Schüler*innen und eine reale
Interessenvertretung im Parlament.