Text zur Luxemburg-Liebknecht-Gedenkdemonstration

 
Solange wir kämpfen, seid ihr nicht vergessen – für eine internationale queerfeministische Praxis
 
Am letzten Wochenende beteiligten wir uns auch an der sogenannten LL Demo. Diese Demo wird von einem sehr breiten Bündnis jährlich in Gedenken an die zwei Sozialist*innen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht organisiert. Sie wurden im Januar 1919 von FreikorpSoldaten grausam ermordet, da sie für die Revolution einstanden und bis an ihr Lebensende für eine freie Räterepulik kämpften. Es wurde versucht, die Ermordung der zwei zu vertuschen, in dem man die Leichen in den Landwehrkanal warf. Die zwei Offiziere, die maßgeblich an der Ermordung beteiligt waren, wurden freigesprochen. Und wer hat das veranlasst? Die SPD. 
Diese anti-kommunistische und anti-emanzipatorische Partei sorgte nicht nur in diesem Fall dafür, Werte, die sie sich auf die Fahne schreibt, wie „sozial“ oder „demokratisch“, zu verunglimpfen. 
Aber dazu später mehr. 
 
Wir erinnern heute unter anderem an diese zwei großen Namen der Widerstandgeschichte Deutschlands. Wir wollen jedoch nicht nur einmal jährlich diesen zwei Menschen gedenken . Wir sehen diese Beiden als Stellvertreter*innen für alle, die diesem System zum Opfer fielen.
Wir stellen uns die Frage, wie wir Erinnerungskultur hierzulande stärken können; was Gedenken eigentlich bedeutet. 
Wir wollen aktiv an die Genoss*innen erinnern. Für uns heißt das vor allem, dass wir uns ihre Ideen und Utopien ins Gedächtnis rufen und dafür sorgen, dass dieses Erbe von allen Revolutionär*innen weitergetragen wird. Um diesem Erbe gerecht zu werden, müssen wir diese Ideen weiterdenken, analysieren und in unsere Kämpfe, vor allem in unsere Praxis miteinbeziehen. Das ist die wertvollste Form des Erinnerns. Denn nur so erhalten wir sie am Leben. 
Und dies wollen wir nicht nur einmal im Jahr tun, wir fordern eine ganzheitliche Erinnerungskultur.
Wer also war Rosa Luxemburg? Wofür hat sie gekämpft?
Sie hat sich zwar nie selbst als Feministin bezeichnet, doch ihr Ziel einer proletarischen Revolution ging für sie nur Hand in Hand mit der Befreiung der Frau. Sie erkannte schon früh, dass Feminismus intersektional gedacht werden muss. Solidarität mit den Frauen im globalen Süden gehörte für sie genauso dazu, wie das Zusammendenken von anderen Unterdrückungsformen, zum Beispiel Klassismus, Rassismus oder Sexismus. Neben ihrem starken kampf gegen Rüstung und Militarismus, setzte sich Rosa lautstark für das Frauenwahlrecht ein. Gemeinsam mit Clara Zetkin stärkte sie die Autonomie und die Organisierung der Frauen mit der ersten internationalen Frauenkonferenz im Jahr 1907, dem ersten internationalem Frauentag am 8. März 1911 und der Frauen Anti-Kriegs-Konferenz im Jahr 1915. Aus der internationalen Frauenkonferenz gründeten sich anschließend in 15 Ländern autonome Frauengruppen. Auch hundert Jahre später sind diese Ideen hochaktuell und aus unseren aktuellen Kämpfen nicht rauszudenken. 
Dass die Stärke und der Kampfgeist, welche mit der Selbstorganisierung von FLINT*Personen verbunden ist, dem Staat ein sehr spitzer Dorn im Auge ist, zeigt sich in den systematischen Tötungen jener FLINTA*, die entschlossen für ihre Befreiung aus den Klauen des Patriarchats kämpfen.
Unzählige solcher Femizide können wir sehen. 
Vor 8 Jahren wurden 3 Frauen tot in einer Wohnung in Paris aufgefunden, bei diesen 3 Frauen handelt es sich um Sakine Cansiz, Leyla Salymez und Fidan Dogan.
Sie waren Frauen, welche ihr ganzes Leben dem Kampf für eine freie Gesellschaft widmeten und voller Leidenschaft für emanzipatorische Ideen einstanden. Im Gedenken an diese 3 Frauen müssen wir uns in Erinnerung rufen, was ihre Kämpfe ausgemacht haben und warum es wichtig ist, diese Kämpfe weiterzuführen.
Sakine baute die Frauenbefreiungsbewegung in Kurdistan mit auf und beteiligte sich an der Gründung der PKK, sie gilt als eine Vordenker*innen der Bewegung. Sie sah die Notwendigkeit des Internationalismus in revolutionären Kämpfen und eignete sich Wissen zu vielen Frauenbewegungen weltweit an.
Für sie war die Frauenbefreiung ein Grundbaustein einer befreiten Gesellschaft. 
 
Auch hier gilt es hervorzuheben, welchen Hintergrund diese Morde haben. Sie dienen dem Staat für die Aufrechterhaltung seines unterdrückerischen Systems. Auch diese Frauen sind dem  Staat gefährlich geworden, weil sie nicht nur zugeschaut haben, sondern ihr komplettes Leben dem Kampf gegen diese Zustände gewidmet haben. 
Am 9.1.2013 wurden sie hinterhältig erschossen. Die Morde wurden bis heute noch nicht offiziell aufgeklärt. Dass aber der türkische Geheimdienst MIT dahinter steckt, ist mittlerweile zweifelsfrei nachgewiesen.
Die Verflechtungen dieses Geheimdienstes und der faschistischen und FLINTA*-feindlichen Politik der Türkei mit Deutschland sind sehr eng. 
Bereits ab den 60ern begann eine sehr enge Kooperation des MIT mit dem BND. Der Informationsaustausch beider Geheimdienste war immer sehr hoch. Auch sorgte Keßling (Vizepräsident des BND in den 80ern) dafür, das der MIT stets mit Überwachungs- und Spionagetechnik aus der Bundesrepublik ausgestattet wurde. Noch heute wird die Arbeit des MIT, wie zum Beispiel die Repression gegen oppositionelle Bewegungen, von Deutschland hingenommen, sogar unterstützt. Man könne es sich schließlich nicht erlauben, dass wirtschaftliche Beziehungen mit der Türkei darunter leiden. Schließlich führt Deutschland, allen voran Heiko Maas, Außenminister und SPD Politiker, nach wie vor seine kriegstreiberische Politik und profitiert vom Angriffskrieg der Türkei, indem immer weiter Waffen und Kriegstechnik in die Türkei exportiert werden
Es wird also zugeschaut, wie Menschen in benachbarten Ländern aufgrund von politischer Machthabe ermordet werden. 
Nicht nur aus diesem Grund ist es wichtig, die Verflechtungen der Herrschenden international aufzudecken. Unterdrückungsmechanismen, die auf dem Patriarchat aufbauen, sind weltweit präsent. Also müssen wir auch die Kämpfe dagegen weltweit miteinander verbunden sehen.
Wir müssen die Ideen dieser Frauen miteinander verflochten betrachten.
Wir können es nur noch mal betonen, lasst uns die Praxis der ermordeten Vordenker*innen queerfeministischer Kämpfe ins Gedächtnis rufen und von ihnen lernen und somit an sie erinnern.
 
Damals wie heute werden unzählige FLINT*Personen mit der Legitimation des Patriarchats ermordet. Rosa, Sakine, Leyla und Fidan sind nur ein paar wenige Namen. Das Patriarchat legitimiert sich durch die FLINT*feindliche Politik des Staates. Feminizide geschehen, weil die  Herrschenden meinen, sie könnten über das Leben von FLINT*Personen entscheiden.
Und das geschieht weltweit. Folglich müssen wir uns auch weltweit zusammenschließen und unsere Kämpfe miteinander verbinden. 
Wir müssen uns die Stärke, die Rosa, Sakine, Leyla, Fidan und noch viele andere FLINT*Personen, in der Selbstorganisierung gezeigt haben, in Erinnerung rufen und unseren Kampf international denken. Denn solange nur eine einzige FLINT*Person auf dieser Welt unterdrückt wird, sind wir noch nicht befreit. 
Wir müssen von allen Genoss*innen lernen, die von diesem System ermordet wurden. Zwar haben sie ihr physisches Leben verloren, aber ihren Kampfgeist tragen wir weiter. Sie sind unsterblich, solange wir weiter für eine Welt ohne Patriarchat und Ausbeutung kämpfen.
 
Für eine internationalistische queerfeministische Praxis!
 
 

25. November internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen*

Femizid – Das Töten von FLINTA*, aus sogenanntem Frauenhass, Morde des patriarchalen Systems. Gewalt, die Cis-Männer nicht strukturell bedroht. Es geht nicht um Homizide. Es geht um die Ermordung von FLINTA* wegen ihres Geschlechts.
Femizid – Ein Wort, ein Begriff, der so banal sein könnte, abstrakt, Wäre er nicht mit so starken Gefühlen belegt. Mit Trauer, Angst und Wut. Da so viel dahinter steht. Genauer gesagt: ca 50.000 Leben pro Jahr. 50.000 Leben pro Jahr, das heißt 137 Existenzen pro Tag, das heißt 5 pro Stunde, das heißt Eine alle 12 Minuten. Eine, alle 12 Minuten – getötet infolge von Partnerschaftgewalt, durch Folter, im Namen der “Ehre”, das gezielte Töten von FLINTA* in bewaffneten Konflikten und Fälle von Femizid in verbindung mit Banden, organisierter kriminaltiät, Drogen sowie Frauen und Mädchen Handel. Ermordet nach dem Prinzip: Die Frau gehört mir – ohne mich oder meine Erlaubnis darf sie nicht leben. Mit dem Wort Femizid hat die südafrikanische Soziologin Dianna Russell die strukturelle Gewalt gezielt verdeutlicht.

Doch wir in Deutschland sind ja von dieser strukturellen Gewalt verschont. Wir sind ja aufgeklärt und haben Gleichberechtigungsbeauftragte. Wenn es bei uns zu “Familiendramen” kommt, wenn sogenannte Morde aus dem Affekt geschehen, dann sind das Einzelfälle.
Versuchte Einzelfälle jeden Tag. Tödliche Einzelfälle alle 72 Stunden.
111 tötliche Femizide, 200 versuchte Femizide im vergangenen Jahr.
Dabei verhamlosen solche Begriffe, Begriffe wie “Familiendrama” und “Eifersuchtstragödie” diese strukturelle Gewalt. Es ist wichtig, die Morde beim Namen zu nennen, um sie bekämpfen zu können. Denn das Motiv eines Femizides ist der FLINTA*hass des Täters, sein festgefahrener Sexismus.

Doch mit diesen Zahlen sind noch nichtmal alle genannt. Denn in den Kriminalitätsstatistiken des BKA sind zwar Morde an Frauen durch Partner erfasst, nicht aber all die anderen Auswüchse dieses Begriffes Femizid – Denn nicht alle FLINTA* sind auf gleiche Weise von struktureller patriarchaler Gewalt betroffen –
BIPOC Menschen,indigene Menschen, homosexuelle Menschen und Transmenschen sind durch die aktuellen gesellschaftlichen Verhältnissen besonders gefährdet. Doch davon findet sich in den Statistiken keine Spur.

Aber schauen wir uns einmal an, was wir wissen. Zunächst einmal: Bei 2/3 der Morde durch aktuelle oder Expartner in Deutschland, sind FLINTA* die Opfer. Und auch bei anderen Formen von Partnerschaftsgewalt wie Körperverletzung, Vergewaltigung oder Stalking sind 82 Prozent der Betroffenen Frauen. Doch auch eine Trennung stellt oft keinen Schutz dar; 2/3 der Femizide passieren während einer Trennung oder danach.

Aber eigentlich fängt das Ganze schon viel früher an.
Denn hinter dem Begriff steht noch so viel mehr. Ein ganzes System, ganze Welten und Strukturen, welche immer und immer wieder erlauben und begünstigen, dass FLINTA* frühzeitig aus dem Leben gerissen werden.

Systeme, die mit Augenscheinlich Kleinen Dingen beginnen. Mit sexistischen sog. Herrenwitzen, mit catcalling, begrapschen, der Ausrede boys will be boys und Beschuldigung der Betroffenen. Mit Eifersucht, Besitzansprüchen, psychischer und physischer Gewalt. Mit Normalisierung, über Abwertung bis hin zu dem Punkt, wo Cis-Männer sich das Recht raus nehmen FLINTA* das Leben zu nehmen.

Und Deswegen sind wir wütend – bei jedem Fall erneut. Wütend, weil das nicht hätte passieren müssen, wütend denn das hätte nicht passieren dürfen, wütend, weil nicht alle so wütend sind wie wir. Wütend, weil der Staat immer noch unfähig ist notwendige Maßnahmen zu ergreifen, FLINTA* ernst zu nehmen, wenn sie in Gefahr sind.

Und so hat sich Marcela Lagarde, eine feministische Aktivistin aus Mexiko,
einen neuen abstrakten Begriff ausgedacht. Feminizid – um das Element der Straflosigkeit und die institutionelle Gewalt angesichts der mangelnden Rechenschaftspflicht und Reaktion des staates auf diese Unterdrückung und Gewalt zu erfassen. Ein Begriff, der verwendet wird, wenn es um die Verantwortung des Staates geht, der das Töten von Frauen duldet oder selbst verübt.

Wenn also in Deutschland z.B. FLINTA* in Angst vor einem Partner oder Expartner die Hilfe der Polizei suchen und diese nichts tun, weil es ja was persönliches sei. Oder wenn das Strafmaß für Täter nur gering ausfällt, weil er ja durch den Verlust der Geliebten das eigentliche Opfer sei. Oder es einfach kein Strafbestand Femizid in Deutschland gibt. In anderen Ländern wurde der Strafbestand schon aufgenommen. Dabei musste es erst zu einem Massenfemizid kommen. wir erinnern uns an Montreal Fakultät 1989. 14 Frauen wurden erschossen. Der erste juristisch anerkannte Massenfemizid.
“Ich will nur die Frauen töten, sie wollen Männern die Privilegien wegnehmen” so schrie der Täter der gezielt weiblich gelesenen Menschen das Leben nahm.
Doch selbst die rechtliche Anerkennung reicht nicht aus. So gibt es auch in Kanada immer noch viel zu viele unaufgeklärte Fälle des Verschwindens und der Tötung von vor Allem indigenen FLINTA*.

Und daraus folgt Angst, die Angst, dass die gesamte Existenz des eigenen seins, als eine weitere Nummer in der Statistik endet. Bzw noch nicht einmal als das. Weil der Staat und ein Großteil der Gesellschaft die Komplexität des Begriffs ganz einfach nicht anerkennt, sich nicht mal darum bemüht es zu verstehen. Und dazu kommt dann die Trauer. Trauer um jede, alle 12 Minuten. Jede, die diesem Begriff zum Opfer fällt. Alle 45 tausend dieses Jahr schon, und alle 5tausend die es dieses Jahr noch betreffen wird.

Aber gleichzeitig mit diesen Gefühlen ist Wissen und Mut. Das Wissen, dass wir diese Zahlen, diese Auswüchse nicht hinnehmen werden. Das Wissen und der Mut, dass wir hier stehen, Schulter an Schulter um wütend zu sein, unsere Trauer um alle Schwestern* rauszubrüllen und den Tätern zu zeigen: Das was ihr tut, ist nicht ohne Konsequenzen, ihr werdet uns niemals genug Angst machen, dass wir aufhören die Dinge beim Namen zu nennen und auf eine Sache könnt ihr Gift nehmen: Ob mit oder ohne Staat, ob mit abstrakten Worten oder durch Taten, Wir werden uns wehren!

Anbei der Link zu unserem Solivideo: https://vimeo.com/501416203

Kein Freiheitskampf ohne Feminismus!

Im Rahmen der Kobane Aktionstage, haben wir uns als Flint*-Organisierung der Solidarischen Jugend Bewegung zusammengetan und wollen einen kleinen Teil zum 4. Tag dieser Woche beitragen.
2015 wurde die, vom sogenannten Islamischen Staat besetzte Stadt Kobane, von Verteidigungseinheiten der YPG/YPJ befreit. Kobane ist eine von 3 Kantonen der selbst verwalteten Region Rojava. Mit dem Angriff des IS wurde neben etlichen Zivilist*innen und Familien, auch der emanzipatorische Freiheitskampf der Kurd*innen, angegriffen.
Um an diesen beeindruckenden Widerstand der Kämpfer*innen zu erinnern und die Ideen der Revolution in Rojava hochzuhalten, finden dieses Jahr auf der ganzen Welt eine Woche lang Aktionen statt, die die verschiedenen thematischen Schwerpunkte des Freiheitskampfes in Kurdistan aufgreifen und auf die Straße bringen.
Der heutige Tag findet unter dem Motto Frauen*Kampf statt.
Die Parole Jin, Jiyan, Azadi heißt so viel wie Frauen, Leben, Freiheit. Es sind 3 sehr zentrale Begriffe der kurdischen Freiheitsbewegung die sich, anders als in der kapitalistischen Gesellschaft, gegenseitig bedingen und zusammen gedacht werden. Sie sind eine Art Leitfaden, wegweisend für eine befreite Gesellschaft. Aus diesen 3 Worten ergeben sich Fragen, die das Fundament einer emanzipatorischen Bewegung bilden. Wie wollen wir Leben? Was bedeutet Freiheit? Welche Position nimmt die Frau* im Kampf für ein lebenswertes Leben ein?
Eine der Vordenker*innen der Frauen*befreiungsbewegung in Kurdistan war Sakine Cansiz (*1958).Sie erkannte früh die Notwendigkeit der autonomen Organisierung der Frauen*. Sie ging als junge Frau* bereits in die Betriebe und organisierte dort Arbeiter*innen, außerdem setzte sie sich mit ihrer starken Persönlichkeit bei vielen Autoritäten durch und entwickelte so in sehr jungen Jahren eine starke revolutionäre Persönlichkeit.
Sie war vielen patriarchalen Machtstrukturen ausgesetzt, stellte sich jedoch selbstbewusst dagegen und baute die Frauen*befreiungsbewegung auf. Sie sah auch die Notwendigkeit des Internationalismus und eignete sich Wissen zu vielen Frauen*Bewegungen weltweit an.
Mit ihrer entschlossenen Haltung schrieb sie im ersten Teil ihrer Trilogie “Mein ganzes Leben war ein Kampf” zum Thema Frauenorganisierung:”Es war keine leichte Aufgabe, sich das notwendige Wissen über die Theorie und Praxis der Frauenbewegungen weltweit von der Vergangenheit bis heute anzueigen und daraus Schlüsse für Kurdistan zu ziehen. Vor uns lag eine ebenso schwierige wie auch schöne und wichtige Arbeit. Ich hatte keine Befürchtungen diesbezüglich und stellte nicht in Frage, ob es uns gelingen würde. Es war die schönste und notwendigste Arbeit, die ich mir vorstellen konnte”.
Die Selbstorganisierung der Frau ist mit einer enormen Stärke und einem großen Kampfgeist verbunden. Wie wir in der Vergangenheit sehen können, waren genau diese Werte und die Emanzipation der Frauen* dem Kapitalismus schon immer ein Dorn im Auge. Sakine wurde 2013 mit 2 weiteren Mitstreiterinnen vom türkischen Geheimdienst ermordet. Die Herrschenden konnten nicht ertragen, dass sich Frauen gegen ihre Unterdrückung zur Wehr setzten. Ein anderes Beispiel von unzähligen Versuchen die Stimme der Frau zu nehmen, ist die Ermordung von Rosa Luxemburg.
Rosa Luxemburg (*1871) wurde wie Sakine Cansiz der Repression des Staates und des Faschismus ausgesetzt und wurde am 15.01.1919 von Freikorpssoldaten ermordet. Sie bezeichnete sich selbst nie als Feministin. Doch ihr Ziel einer proletarischen Revolution ging für sie nur Hand in Hand mit der Befreiung der Frau. Sie erkannte schon früh, dass Feminismus intersektional gedacht werden muss. Soliadriät mit den Frauen im globalen Süden gehörte für sie genauso dazu, wie das Zusammendenken von anderen Unterdrückungsformen, wie zum Beispiel Klassismus, Rassismus oder Sexismus. Rosa Luxemburg setzte sich lautstark für das Frauenwahlrecht ein. Ihre Rede zum Frauenwahlrecht schloss sie mit den Worten ab : „Die jetzige kraftvolle Bewegung der Millionen proletarischer Frauen, die ihre politische Rechtlosigkeit als ein schreiendes Unrecht empfinden, ist ein (…) untrügliches Zeichen, dass die gesellschaftlichen Grundlagen der bestehenden Staatsordnung bereits morsch und ihre Tage gezählt sind. (…) Auch durch den Kampf um das Frauenwahlrecht wollen wir die Stunde beschleunigen, wo die heutige Gesellschaft unter den Hammerschlägen des revolutionären Proletariats in Trümmer stürzt.“ Gemeinsam mit Clara Zetkin stärkte sie die Autonomie und die Organisierung der Frauen mit der ersten internationalen Frauenkonfrerenz im Jahr 1907, dem ersten internationalen Frauentag am 8. März 1911 und der Frauen Anti-Kriegskonferenz im Jahr 1915. Aus der internationalen Frauenkonferenz gründeten sich anschließend in 15 Ländern autonome Frauengruppen.

Auch zwanzig beziehungsweise hundert Jahre später sind die Ideen der Kämpferinnen hochaktuell. Unser Feminismus ist intersektional und ebenso nicht aus anderen Freiheitsbewegungen rauszudenken. Um zu einer freien Gesellschaft zu kommen, ist die Befreiung der Frau* notwendig. Nach wie for gilt es, uns als FLINTA* (auch autonom) zu organisieren, um uns zu emanzipieren. Denn es gibt viel zu tun. Damals wie heute leben wir im Patriarchat und werden Tag für Tag unterdrückt und ausgebeutet. Von schlecht bezahlter Arbeit und weniger Aussicht auf Führungsposten, alltäglicher sexueller Belästigung und Objektifizierung bis hin zu Femiziden, vielerorts kaum Bildungschancen, kompletter Bevollmächtigung der Ehemänner und so weiter. Häufig ist die Unterdrückung auch mit anderen Diskriminierungsformen wie beispielsweise Rassismus verbunden. In jedem Fall steht der Kampf gegen die patriarchale Unterdrückung niemals allein, sondern im Kontext vieler Kämpfe. Wir müssen uns sowohl im eigenen politischen Kontext, als auch global vernetzen und organisieren, um für die weltweite Emanzipation der FLINTA* zu kämpfen. Gerade wir als junge FLINTA* brauchen Schutzräume, um uns zu entfalten; haben in der Hand, wie die Zukunft aussehen soll. Wir können von unseren Vorgänger*innen lernen und zusätzlich unsere eigenen Wege finden.
Also noch einmal klar und deutlich:

Keine Freiheitsbewegung onhe Feminismus!
Gegen den Faschismus und das Kapital; unser Feminismus ist intersektional und international!
FLINTA* WORLDWIDE, UNITE!

From Keimzelle to Kobanê: JIN, JIYAN, AZADÎ!

Selbstkritik:
Im Text haben wir den Fokus besonders auf zwei Persönlichkeiten gelegt, die in der Vergangenheit Teil der Emanzipationsbewegung waren und für viele Menschen Bezugsperson beziehungsweise Heldin sind. Auch wenn sie jeweils wichtige Rollen im feministen sowie generellen Freiheitskampf spielten, gab es noch viele weitere Frauen*, die um sie herum, mit ihnen gemeinsam oder auch schon vor ihnen wichtige Schritte gingen. Auf all diese starken und mutigen Frauen* sind wir in diesem Text kaum eingegangen, wie es leider häufig passiert. Doch auch wenn wir die Verehrung von Einzelpersonen oder sogenannte “Personenkulte” kritisch sehen, haben wir uns dennoch entschlossen, auf diese zwei Frauen der Geschichte besonders einzugehen und über ihre Ideen zu schreiben, unter anderem, da es in ihren Leben viele Parallelen gibt und sich anhand ihres Wirkens gut all den starken Frauen* gedenken lässt, welche vor und für uns kämpften.
Ihr könnt uns gern schreiben, wie ihr diese Problematik seht.

Erklärung der SJB zur Räumung der Liebigstraße 34

Auch wir sind traurig und wütend. Am Freitag, den 9. Oktober, wurde das queerfeministische Hausprojekt Liebig34 in Berlin Friedrichshain geräumt. Inmitten einer Pandemie und zu Beginn des Winters wurden 57 Menschen durch 5000, teilweise extra nach Berlin angereiste, Cops aufgrund der Profitinteressen eines Investors aus ihrem zu Hause geprügelt. Das ganze wurde einen Tag vor dem Inkrafttreten der neuen Corona-Verschärfungen inklusive Sperrstunde (aufgrund der aktuell stark steigenden Fallzahlen) druchgesetzt.
Die Profitinteressen von Gijora Padovicz stehen anscheinend über der Gesundheit von Menschenleben. Zudem war die Rechtsgrundlage der Räumung uneindeutig, der falsche Verein war verurteilt worden. Polizei und Senat sind nun darauf stolz, so prächtig die Interessen des sogenannten Rechtsstaates durchgesetzt zu haben. Ein solcher Rechtsstaat ist illegitim. Statt um Leben von Menschen geht es wie so oft um Profitfantasien Einzelner. Kein einziges mal wurde in den zahlreichen Beiträgen der Boulevard Presse auf die Perspektiven, Ideen und Vorstellungen der Bewohner*innen eingegangen. Es wurde nicht dargestellt, dass die Liebig34 ein politisches und kulturelles Zentrum des Kiezes war. Sie war ein Schutzraum für FLINT*-Menschen und Marginalisierte, ebenso wie politische Stimme und belebter Ort der Nachbarschaft.

Die Räumung der Liebigstraße 34 war ein Paradebeispiel für die Nutzlosigkeit und Grenzen eines sozialdemokratischen Senats. Ein Senat der sagte:
Wählt uns und die Stadt gehört euch!
Wir haben wieder einmal gesehen das dies nur Phrasen sind und sie uns nicht schützen werden.
Die Räumung eines Ortes wie der Liebigstraße 34, welcher ein einzigartiger Schutzraum für FLINTA* Menschen, ein Ort zum ausprobieren, ein Ort für Selstorganiserung, ein Ort des Widerstands Gegen die Stadt der Reichen war, ist ein Angriff auf uns alle.
Auf alle die tagtäglich gegen das Patriarchat kämpfen
Auf alle die sich kollektiv organiseren
Auf alle die in dieser Stadt keinen Platz mehr zum wohnen haben

Auf uns als Jugend; denn wir sind in dieser Stadt aufgewachsen und haben nun keinen Platz mehr in ihr. Wir dürfen gerne in Mitte arbeiten, die Stadt hipp, jung und alternativ machen, aber bitte nicht zu laut und nicht zu wild. Solange wie wir verwertbar sind, dürfen wir bleiben. Menschen ziehen in alternative und kulturell belebte Kieze und verdrängen dann die Alternativen und Kulturschaffenden.
Es ist ein Angriff auf alle, die in dieser Stadt versuchen zu leben und für eine bessere Gesellschaft zu kämpfen.
Ihr denkt, ihr habt mit der Räumung der Liebig Straße 34 unsere Träume und uns zertstört, doch ihr habt nur klar gemacht, nach welchen Interessen ihr handelt und die Grenzen und Positionen klarer gezogen.

Schon vor der Räumung haben wir gezeigt, dass diese Politik nicht mit unseren Vorstellungen eines solidarischen Zusammenlebens vereinbar ist.
Unter der Aktion JugendBesetzt wurden am Mittwoch fünf Häuser in Berlin besetzt. Wir wollen damit die besondere Rolle Jugendlicher in diesen sozialen Kämpfen hervorheben. Wir als Jugend stehen unter dem besonderen Druck uns zu organisieren und für die Zukunft zu kämpfen, welche uns jeden Tag von weißen alten Großkapitalisten und Politikern geraubt wird. Großkapitalisten wie Padovizc, welche Monopoly mit der Stadt spielen, in der wir ein freies und solidarisches Miteinander für alle aufbauen wollen.
Alle Protestformen der letzten Wochen, von den Kundgebungen im Kiez, den Nachbar*Innendemonstrationen bis hin zu militanten Formen des Widerstandes, schrien dasselbe in ihren unterschiedlichen Sprachen in die Welt hinaus:
Nein! Das ist unsere Stadt!
Es ist nun an der Zeit diese Kämpfe zu verbinden.

Denn letztendlich haben sie zwar die Liebigstraße 34 geräumt, nicht jedoch die Ideen und was sie politisch geschaffen hat.
Der Kampf geht weiter!

Mit diesen Worten wollen wir uns dem internationalen Aufruf zu den Aktions- und Disskussionstagen der Interkiezionalen vom 30. bis 31.10 anschließen.
Wir brauchen Freiräume und Schutzräume und wir brauchen radikalen Feminismus!
Liebig 34 lebt!

Unser Aufruf zum 8. März 2020

Am 8. März in Petrograd 1917 in Petrograd, Russland gingen zahlreiche Arbeiter*Innen, Bäuer*Innen und Witwen von im Krieg gefallenen Soldaten auf die Straße. Die Protestbewegung dieser Frauen gilt als Anstoß für die Februarrevolution welche die Zarenherrschaft in Russland beendete. In der Darauf folgenden Regierung war russischen Staatsbürger*Innen dann erstmals das Wahlrecht gegeben. Ihre Protestmärsche stießen die Wahl des 08.03. zum internationalen Frauen*kampftag an. In Deutschland kam die Wahlberechtigung für Frauen erst später. Bereits seit dem 19.03.1911 fanden in Deutschland, Dänemark und Österreich-Ungarn Europäische Frauentage statt. Nach dem Vorbild der Socialist Party of America hatte Clara Zetkin, Feministin und Kommunistin, diesen auf 2. Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen initiiert. Primär ging es bei dem Tag um das Erreichen des freihen, geheimen und gleichen Wahlrechts wie es männlichen Staatsbürgern schon lange gewährt war. Doch im 1. Weltkrieg wurden Frauentage illegalisiert. Der Kampf musste im Untergrund weiter gehen und erst nach Ende des 1. Weltkrieges verkündete die sozialistische Übergangsregierung am 12..11.1918, dass nun auch endlich Staatsbürgerinnen wahlberechtigt seien.

Damit war das Ziel der damahligen Bewegung erreicht. Doch der Kampf ist selbst heute, nach über 100 Jahren noch immer nicht abgeschlossen. Aber warum brauchen wir Feminismus heute überhaupt noch? Das damahlige Ziel des Wahlrechts ist erreicht und sogar im Grundgesetz Artikel 3, Abschnitt 2 steht: “Männer und Frauen sind Gleichberechtigt.” Dazu sollte man sich einmal anschaut, was Feminismus überhaupt bedeutet. Denn heutzutage wird der Kampf gegen das Patriarchat oft mit einfachem “Männerhass” verwechselt. Per Definition bedeutet Feminismus jedoch den “Glauben  an die gesllschaftliche, politische und ökonomische Gleichheit der Geschlechter.” Diese Gleichheit ist bisher nicht gewährleistet.

Zunächst einmal zur Politik. Obwohl Frauen 51% der Bevölkerung ausmachen, sind nur für 30% der Abgeordneten im Bundestag weiblich. Und alle Menschen, die sich einem anderen, als ihrem biologischen Geschlecht oder gar keinem Geschlecht zuzuordnen sind, sind garnicht repräsentiert. Es gibt zahlreiche Gesetze, wie z.B. §219a zum Thema Schwangerschaftsabbruch, welche die Selbstbestimmung über den Körper massiv einschränken. Menschen werden aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität durch Gesetze benachteiligt und ausgeschlossen. Währenddessen tut der Staat nichts um sie vor Hass und der Gefahr zu schützen, dievon der Gesellschaft ausgehen. In anderen Ländern Werden FLINT*Menschen sogar von der eigenen Regierung verfolgt, gefoltert und ermordet. Ebenfalls ökonomisch sieht es für Frauen* momentan schlecht aus. Laut einer Studie der WHO machenFLINT* 70% der von Armut betroffenen Bevölkerung aus, verrichten 6ß% der Arbeit und produzieren 50% der Nahrung, verdienen gleichzeitig aber nur 11% des Vermögens und besitzen 1% des Landes. In Deutschland verdient eine Frau* im Durchschnitt 20% weniger als ein Mann. Konservative Regierungen, die Frauen* in die Rolle der Mutter zwingen wollen, gekoppelt mit einem kaptalistischen, von Konkurenz geprägten Arbeitmarkt, halten das Erreichen von echter Gleichberechtigung demnach auf .

Am stärksten zu spüren ist die fehlende Gleichberechtigung jedoch im gesellschaftlichen Kontext. Schon am Anfang unseres Lebens fängt es an: Wenn das Elternteil gefragt wird welches Geschlecht das Kind denn nun ‘wirklich’ sei. wenn “Jungen-” und “Mädchen-” Spielzeuge und Kleidung getrennt verkauft werden. Wenn biologisch Männliche gefragt werden, was sie später mal arbeiten wollen und biologisch Weibliche, wen sie später mal heiraten wollen. Wenn Sprüche wie: “Hör auf zu weinen, du bist doch ein starker Junge”, Teil der fühen Erziehung sind. Und es geht weiter wenn sexistische Werbung und Songtexte zur Norm werden, wenn Belästigung und sexualisierte Gewalt gegen FLINT*Menschen zum Alltag werden. Wenn allein in Deutschland jeden zweiten Tag eine FLINT*Person zum Opfer fällt, die einen Mann nicht bedroht hätte. So beweißt schon ein kurzer näherer Blick: Der Glaube an Gerechtigkeit reicht nicht aus. Es müssen Taten folgen! Deswegen schließen wir uns als Solidarische Jugendbewegung dem Protestmarsch zum 8. März an, der um 14 Uhr am Leopoldplatz beginnt. Dieser setzt sich aus für grenzenlos solidarischen, intersektionalen Feminismus ein und kämpft gegen den Rechsdruck gegen und die dadurch erstarkenden, veralteten Rollenbilder weltweit. Außerdem beteiligen wir uns an der “Wir lassen uns nicht abbringen”- Zubringerdemo und an dem Block der Aktion #Queerpferdchen unter dem Motto Patriarchat wegschwemmen: Queer we go”. Treffpunkt dafür ist am 08.03. um 13 Uhr am S-Bhf Gesundbrunnen